GLAntenne - Visualisierung von
HCM-Antennenrichtdiagrammen
Grundlagen
Während der Planung von Mobilfunk-Sendestationen ist es
wichtig, die bei vorgegebener Sendeleistung zu erwartende
Abdeckung im Voraus zu ermitteln. Es existieren eine Reihe von
Verfahren, um die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen bei
gegebenen Sendeparametern und vorgegebener Umgebung zu
berechnen. Sie basieren auf unterschiedlichen mathematischen
Modellen, und liefern so unter Umständen recht
unterschiedliche Resultate bei der Vorhersage
("Prädiktion") der am Empfangspunkt erwarteten
Feldstärke.
Auch staatlichen Stellen müssen sich bei der Beantragung
der Sendestationen mit diesen Details befassen. Hier in
Deutschland ist die BNetzA (Bundesnetzagentur, vormalig RegTP "Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post") für solche Fragen
zuständig. Sie prüft bei der Beantragung von
Sendestationen durch Mobilfunkbetreiber, ob sich die Höhe
der Feldstärke im Rahmen der zulässigen Grenzwerte
bewegt. Insbesondere sind diese Feldstärkeangaben bei
grenznahen Sendestationen wichtig, um die Zuteilung von
Frequenzbändern bei Ländergrenzen-überschreitenden Sendegebieten zu
koordinieren.
Um dem Dilemma von nicht direkt vergleichbaren
Rechenergebnissen beizukommen, und eine einheitliche Basis zur
Vergleichbarkeit der Prädiktionsergebnisse zu schaffen,
setzten sich vor einigen Jahren die zuständigen
Verwaltungen der europäischen Länder zusammen, und
einigten sich auf ein einheitliches Verfahren. Im sogenannten
"Vienna Agreement" (VA-99) wurde beschlossen, für die
Berechnung von durch geplante Mobilfunkstationen zu erwartenden
Feldstärken den "HCM-Algorithmus"
(Harmonized Calculation Method) zu verwenden. Zu Details der
Historie siehe auch die Auflistung aller bis zum Jahr 2001
abgeschlossenen Teilverträge. In der "Berliner
Vereinbarung" im Jahr 2003 schließlich wurden die
derzeit gültigen Regeln zur Berechnung von
Feldstärken der diversen Frequenzbänder und
Übertragungsverfahren festgelegt. Der HCM-Algorithmus
liegt als Referenzimplementierung in der Programmiersprache
FORTRAN vor und wird von Zeit zu Zeit bei neu gefundenen
Fehlern in aktualisierten Versionen veröffentlicht.
HCM
Bestandteil der HCM-Festlegung sind auch definierte
Datenvorgaben der für die Berechnung verwendeten
Höhendaten (Topologie), Morphologiedaten und der
Grenzzüge, die die Ländergrenzen beschreiben. Basis
einer Prädiktionsrechnung ist jeweils das sogenannte
"HF-Profil" der Sendestation. Dieses umfasst
sämtliche zur Berechnung benötigten Angaben wie die
Position der Sendestation, die verwendeten
Übertragungsfrequenz, die Ausrichtung der Antenne und
einige weitere Angaben mehr. Ein wichtiger Parameter dieses
Profils ist die Beschreibung der Antennen-Richtcharakteristik,
die angibt, wie die Sendeleistung über die Senderichtungen
hinweg verteilt ist. Die Richtcharakteristik wird laut der
HCM-Festlegung definiert durch zwei siebenstellige
Zeichenketten, welche die horizontale bzw. vertikale
Ausbreitungscharakteristik beschreiben.
GLAntenne
Das Programm "GLAntenne", von dem hier ein Bildschirmfoto
abgebildet ist, verwendet die Graphiklibrary OpenGL zur
Visualisierung der dreidimensionalen
Antennen-Richtcharakteristik. Die Graphik zeigt den
richtungsabhängigen Antennengewinn, der aus dem über
den in HCM definierten Algorithmus zur Berechnung der
Antennendämpfung abgeleitet wird:
Über den gezeigten Konfigurationsdialog kann eine
beliebige Kombination der nach VA99 zulässigen
horizontalen und vertikalen Antennentypen ausgewählt
werden. Die graphische Anzeige wird bei Änderungen sofort
aufgrund der beiden Antennenpatterns (rot=horizontal,
grün=vertikal) aktualisiert. Die Gitternetzdarstellung des
kombinierten Antennendiagramms ist mittels der über OpenGL
bereitgestellten Möglichkeiten mit einer schattierten
Oberfläche überzogen und verwirklicht so eine
Darstellung ohne verdeckten Kanten. Es ist möglich, die
Graphik mittels der Cursortasten in beliebige Richtungen zu
drehen, um das Diagramm eingehend von allen Seiten zu
betrachten.
Das Programm besteht aus einer einzigen ausführbaren
Datei, und kann aus dem Archiv GLAntenne.zip heraus extrahiert
werden.
Mac OS Cocoa-Version: GLAntenne-MacOS.zip
weitere Links zum Thema:
- Mit dem frei verfügbaren
VA99Tool ist die zweidimensionalen Darstellung der
Antennen-Richtcharakteristiken nach VA-99 auch möglich.
Das hier vorgestellte Programm "GLAntenne" komplettiert so
die in VA99Tool verfügbaren Anzeigemöglichkeiten um
eine vollständige dreidimensionale Darstellung aller
nach dem Vienna Agreement möglichen Antennentypen.
Desweiteren kann das VA99Tool die der HCM-Berechnung
zugrundeliegenden topologischen Höhendaten und
Grenzzüge darstellen und Austausch-Dateiformate
editieren. Die recht umfangreichen
Grenz-,
Topologie- und
Morphologie-Daten
müssen allerdings getrennt heruntergeladen bzw. erworben werden. Die
Topologieinformationen sind allerdings lediglich in der weniger präzisen
Form der GTOPO30-Daten downloadbar.
- Das System PreHCM
der Firma Mentopolis, wo ich
derzeit arbeite, dient zur Automatisierung der
Frequenzkoordinierung und verwendet den HCM-Algorithmus zur
Prädiktionsberechnung von Mobilfunk-Sendestationen. Auf
unserer Webseite wird auch angeboten, Testrechnungen des Border
Coordination System (BCS) online durchzuführen.
- Das an der FH Darmstadt entwickelte Simulationsprogramm
DCSS dient der Simulation digitaler
Kommunikationssysteme. Das darin integrierte Modul "AnWin"
ermöglicht ähnlich wie die oben gezeigten Programme
eine zwei- oder dreidimensionale Darstellung von
Antennen-Richtdiagrammen. Hier werden allerdings noch nicht
die für HCM definierten Antennentypen verwendet - das
Programm ist für die Unterstützung der
wissenschaftlichen Ausbildung konzipiert und konzentriert
sich auf die in Wissenschaft und Forschung verwendeten
grundlegenden theoretischen Antennenmodelle.
DCSS ermöglicht die
Simulation einer Satelliten- oder
Mobilfunkstrecke, sowie beliebiger anderer, frei
zusammenstellbarer Versuchsanordnungen. Das Programm
bietet insbesondere die
Möglichkeit, Kenntnisse über die Wirkungsweise und
den Aufbau einer modernen digitalen Übertragungstrecke
zu erwerben und die Einflüsse verschiedener
Systemkomponenten auf die Übertragungsqualität
experimentell zu untersuchen. Es entstand aus einer Reihe
von Diplomarbeiten (unter anderem meiner eigenen) am Institut
für Graphische Datenverarbeitung der FH Darmstadt.
Weiterhin war ich dort auch als Laboringenieur
maßgeblich an der Weiterentwicklung des Systems
beteiligt.